Ein Gastbeitrag: Dieser Beitrag wurde vom Aeon’s End-Fan Tobias „LookAtTheBacon“ H. verfasst. Danke für dein Engagement und viel Erfolg bei der Verteidigung der Feste!
Als erfahrener Aeon’s End-Recke kennt man mittlerweile natürlich seine alten Bekannten: die hässliche Hassgeburt, die selbst in den meisten Anfängerrunden schon innerhalb der ersten paar Versuche erlegt werden kann; die crazy Carapax-Königin, die einem blutsaugende Schwärme aus Leerlingen auf den Hals hetzt; den üblen Unersättlichen, der sich die Dreistigkeit erlaubt, den Spielern die zu erwerbenden Karten wegzufressen; oder den krassen König der Masken, der selbst alteingesessene Runden mit seinen Korruptionskarten zur Weißglut bringen kann. Doch wer selbst die Mini-Erweiterungen „Aus den Tiefen“ und „Das Namenlose“ schon zur Genüge durchgezockt hat und somit sogar dem Lord des Verderbens und seinen Schergen bereits gezeigt hat, wo der Rissmagier-Hammer hängt, kann bald noch tiefer ins Aeon’s End-Universum eindringen: die erste große Standalone-Erweiterung „Für die Ewigkeit!“ steht in den Startlöchern, auch wieder gepaart mit zwei mini-Erweiterungen! Frosted Games hält demnach sein Wort und bringt die komplette Wave 2, sehr zur Freude aller deutschen Spieler.
Als mich nun dieser Tage die Mailanfrage erreichte, ob ich nicht einen neuen Erzfeind playtesten und darüber berichten möchte, war ich sofort Feuer und Flamme. Und warum auch nicht? Das Spiel ist einer der besten Deckbuilder aller Zeiten, der Verlag sehr sympathisch und ich habe Spaß am Schreiben: win-win-win.
Zugelost wurde mir der sogenannte „Schatten-Titan“. Der Name macht schon mal viel her, dachte ich mir beim ersten Lesen. Und so war es dann auch, als ich das Splash-Artwork final begutachten durfte. Auf diesem türmt sich eine riesige, mit Stacheln und Schuppen übersäte Kreatur in die Höhe, vergleichbar mit einem Sandwurm aus Dune: der Wüstenplanet oder dem Star Wars-Universum. Furchterregend und alptraumhaft anmutend reißt er sein riesiges, rundes Maul weit auf und offenbart darin eine Art güldenen Glanz, als würde er von innen Heraus leuchten. Wenn es sein Ziel ist, mich einschüchtern zu wollen, so kann ich schon einmal im Voraus gratulieren: das ist gelungen.
Begutachtet man die Rückseite des Tableaus, kann man den Geschichtseintrag der Rissmagierin Indira lesen, welche uns Spielern als Flavourtextgrundlage dient. Hier lernen wir, dass selbst andere Monster und Bestien des Aeon’s End-Universums den Schatten-Titan fürchten. Er ist aber weder ein Untertan von irgendwem, noch eine allmächtige Gottheit, sondern unter dem Strich ein instinktgesteuertes, tödliches Tier: es will jagen, es will töten, und es will auf jeden Fall überleben. Um jeden Preis. Na Halleluja. Worauf habe ich mich hier nur eingelassen…?
Spaß beiseite. Im Gepäck hat der Titan neun eigene Erzfeind-Karten, was ein recht standardmäßiges, schlankes Gegnerdeck darstellt. Gefällt mir und reduziert den Verwaltungsaufwand. Aufgebaut ist er demnach recht zügig. Doch schaut man sich vorher mal die fünf Monster, zwei Pläne und zwei Angriffe genauer an, kann einem schon wieder Himmelangst werden. Wir haben es hier nämlich nicht mit einem Stino- Erzfeind zu tun, sondern der Titan bringt gleich mal wieder seine eigene Siegbedingung mit. Und zwar haben wir als Spieler sofort verloren, wenn er kein sogenanntes „Fraß“-Plättchen mehr auf sich liegen hat. Dann sind auch sowohl die aktuellen Lebenspunkte der Spieler, als auch die der Feste egal. Sofortiger Exitus. Auf Wiedersehen. Ciao, Kakao.
Oh man. Sehr cool aber natürlich trotzdem. Ich liebe nämlich zusätzliche Timer in kooperativen Spielen und dieser hier fühlt sich sehr organisch und sinnvoll implementiert an. Acht Tokens im normalen, fünf im erhöhten Schwierigkeitsgrad gilt es, aktiv zu halten. So ein Titan möchte ja auch ab und zu etwas fressen, völlig verständlich. Schöner, thematischer Querbezug hier auch wieder zum Flavourtext (wir erinnern uns). Doch wie spielt es sich nun gegen die Bestie?
Für meine einhändige „True Solo“-Partie – in Zeiten einer Coronapandemie leider äußerst schwierig anders möglich wenn man ungeimpft ist – wählte ich direkt meine Lieblingsrissmagierin #1: Mist. Mit ihrer Spezialfähigkeit, vier Karten nachziehen zu können, bietet sie genügend Tempo und Combopotential, um sich auch aus brenzligen Situationen herausmanövrieren zu können. Doch dies sollte mir gegen den Schatten-Titan wenig nützen. Kam ich durch den ersten Abschnitt noch recht entspannt hindurch, wo ich unter anderem den neuen Monstern „Kryptid“ und „Knirscher“ den Gar aus machte, musste ich im zweiten Abschnitt schon hart auf die Bremse treten: nach dem strapaziösen Erlegen des „Drachenhundes“ (8 HP) zog ich direkt im nächsten Zug das „Ungetüm des Gewölbes“ (9 HP), einen äußerst unangenehmen Zeitgenossen, der für mich optisch betrachtet eine Art gehörnten Gorilla darstellt. Dieser frisst ab dem Zeitpunkt, nachdem man ihm mindestens einen Schaden gemacht hat, in jeder Aktivierung ein Fraß-Plättchen des Titans. Autsch. Da hat wohl noch jemand Hunger mitgebracht. Und ironischerweise kam er gleich wenige Runden später nochmal zum Einsatz, da er im dritten Abschnitt mittels des Angriffs „Zermalmen“ wiederbelebt wurde. Mein lieber Herr Gesangsverein, wie soll das schaffbar sein…?
Doch sowohl seine Reinkarnation, als auch der fiese Plan „Gähnende Schwärze“ konnten von mir abgewiesen werden. Mist und ein gut austariertes Deck sowie ein paar genau abgezählte Karten in die Ablage halfen mir optional gegen alle Feinde aus, völlig ungeachtet der Lebenspunkte des Titans selbst. Mein Ziel war es, sein Deck durchzuspielen, und vorher nicht durch eine der Niederlage-Bedingungen das Zeitliche zu segnen. Den Sargnagel versetzte mir jedoch das „Halb-alte Baumwesen“. 18 mächtige Lebenspunkte und ein verlorenes Fraß-Plättchen zu jeder Aktivierung. Game over.
Also direkt die Auslage der kaufbaren Karten geändert und ein Rematch gespielt. Wieder verloren. Lieblingsrissmagier #2, Jian, genommen. Wäre doch gelacht, wenn doppelt gewirkte Zauber, die man nicht mal ablegen muss, den Titan nicht brechen könnten. Aber siehe da: Niederlage Nummer drei. Auslage erneut geändert und eigene Lebenspunkte auf 12 sowie Feste auf 35 hochgeschraubt, mit dem Fazit: wieder verloren… – Herr im Himmel?!
Der Erzfeind hat eine relative Schwierigkeit von „3“. Das ist recht niedrig. Es gibt in der englischen Originalversion in allen Waves nur genau zwei Erzfeinde, die leichter eingestuft werden. Zwei. Von circa Zwanzig.
Bin ich also zu eingerostet und sollte AE noch öfter spielen? Lag es an der Auslage? Am Rissmagier? Am „True Solo“? Oder ist der Titan vielleicht sogar eher eine „4“, bzw. könnte man das herbe Roadblock-Monster des Baumwesens in den Lebenspunkten balancingtechnisch leicht senken? Ich weiß es nicht. Und eine derartige Beurteilung möchte ich mir zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht anmaßen.
Was ich aber weiß ist, dass der Schatten-Titan unglaublichen Spaß macht und einen riesigen Suchtfaktor birgt. Bei mir reiht er sich jedenfalls in meine persönlichen Top 3-Erzfeinde ever ein und wird sicherlich noch das ein oder andere Mal öfter seinen Weg auf meinen Spieletisch finden. Überzeugt euch selbst und probiert ihn aus!
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